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Eine Tasse Tee und vier Hochzeiten

Die Por­tu­gie­sen waren hier. Die Hol­län­der auch. Ebenso die Eng­län­der. Und heute flu­ten Bus­la­dun­gen asia­ti­scher Tou­ris­ten das his­to­ri­sche Zen­trum Malak­kas. Sie sprin­gen aus den kli­ma­ti­sier­ten Super-VIP Bus­sen, um alles zu foto­gra­fie­ren, was ihnen vor die Spie­gel­re­flex kommt. Oder sie posen mit Vic­tory-Hand­zei­chen vor der hol­län­di­schen Kir­che am soge­nann­ten Dutch Square. Dut­zende kun­ter­bunte Tris­haws wer­ben für eine Rund­fahrt, wer will schon bei der Hitze lau­fen? Die pinke Hello Kitty Tris­haw scheint es den meis­ten beson­ders ange­tan zu haben, und so kon­kur­rie­ren gleich meh­rere Damen um die­ses Gefährt.

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Malakka liegt an der nach ihr benann­ten Mee­res­straße. Vom St. Paul Hügel, auf des­sen Spitze die roman­ti­schen Über­reste der St. Paul Kir­che in der Sonne brü­ten, reicht der Blick bis zum Hafen. Mit den hol­län­di­schen Fas­sa­den und Dächern, die die Gas­sen säu­men, erin­nert mich der Anblick tat­säch­lich an Europa. Die his­to­ri­sche Kulisse zieht neben Tou­ris­ten viele Hoch­zeits­paare an, die den schöns­ten Tag ihres Lebens in Bil­dern fest­hal­ten wol­len. Wie sie bei über 35° in ihrer auf­wen­di­gen Hoch­zeits­mon­tur so schön lächeln kön­nen, bewun­dere ich.

Hochzeitspaar

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Der Spa­zier­gang zum Hafen­vier­tel ent­puppt sich als Tor­tur, der Schweiß rinnt an uns her­un­ter, als wolle er sich wenigs­tens in den Schat­ten flüch­ten. In einem Kedai Kopi machen wir daher Rast. Nach weni­gen Minu­ten lädt uns ein gemüt­li­cher Typ an sei­nen Tisch auf ein Täss­chen chi­ne­si­schen Zitro­nen­tee ein. Irfan arbei­tet auf der Bau­stelle gegen­über, wo ein Novo­tel Hotel gerade hoch­ge­zo­gen wird. Sein Job als Qua­li­täts­in­spek­tor ist ver­gli­chen mit dem der Bau­ar­bei­ter relaxt- ab und zu zeich­net er Doku­mente gegen, schickt jeman­den herum, dazwi­schen schlürft er einen Tee nach dem ande­ren. Am Tisch sitzt noch ein Arbei­ter, den Irfan als „Bur­mese refu­gee“ vor­stellt. Unsere Kom­mu­ni­ka­tion beschränkt sich dar­auf, dass er mir unent­wegt Tee nach­schenkt, auch wenn ich nur an mei­nem Glas genippt habe. Auf mein „Thank You“ grinst er breit und ist noch auf­merk­sa­mer beim Tee-nach­schen­ken. Die Arbeit sei ver­lang­samt wor­den, weil die Immi­gra­tion Poli­zei die Bau­stelle stän­dig kon­trol­liere: „Many refu­gee workers from Burma and Ban­gla­desh. If you have no work per­mit, they bring you to detention camp. And detention camp is no fun. So peo­ple are scared.“ erklärt Irfan. Der Bur­mese drän­gelt ihn wegen etwas. Ihm ist trotz der Hitze nach einem Bier zumute. Nach ein paar Minu­ten ver­drückt er sich zu ande­ren Arbei­tern. Auch wenn das Bier in Malay­sia ob der hohen Alko­hol­steuer, auch „Sin Tax“ genannt, teuer ist, wird es vie­ler­orts getrun­ken. Wäh­rend ich gedank­lich noch mit dem Detention Camp beschäf­tig bin, wird der frei gewor­dene Platz von Tian ein­ge­nom­men. Einem agi­len, chi­ne­sisch­stäm­mi­gen Typ, der sich vor allem mit deut­schem Fuß­ball aus­kennt. Er han­delt mit Reis und kommt dadurch viel in Asien rum. Rich­tig pas­sio­niert spricht er vor allem über sein Enga­ge­ment bei der Oppo­si­tion. Wäh­rend er über die Kor­rup­tion, Vet­tern- und Miss­wirt­schaft der malay­ischen Regie­rung flucht, raucht er eine Ziga­rette nach der ande­ren, kippt den Zitro­nen­tee run­ter und flucht wei­ter. Ich mag die Lei­den­schaft mit der er laut über Refor­men für Malay­sia nach­denkt. Gleich­zei­tig ängs­tigt mich die Wut, die in ihm bro­delt. In die­sem Zustand kann ich mir sei­ner­seits keine Kom­pro­miss­lö­sun­gen vor­stel­len, die eine hete­ro­gene Bevöl­ke­rung und Demo­kra­tie oft erfordern.

Min­des­tens fünf Kan­nen Tee spä­ter bre­chen wir in Rich­tung der Jon­ker Street auf, in der heute ein leb­haf­ter Nacht­markt der Händ­ler­tra­di­tion die­ser Straße folgt. Neben Klei­dung, Schmuck und Sou­ve­nirs wird vor allem Nonya Food ver­kauft. Im 16. Jahr­hun­dert ver­lieb­ten sich die chi­ne­si­schen Händ­ler nicht nur in die Stadt, son­dern auch in malay­ische Frauen. Sie adap­tier­ten die Bräu­che, Klei­dung und Spra­che der Malay und gren­zen sich heute noch bewusst von den dar­auf­fol­gen­den chi­ne­si­schen Ein­wan­de­rern ab. Ihre Küche wird in Malay­sia über­aus geschätzt.

Nonyafood

Den Kopf der Jon­ker Street domi­niert eine rot-gelbe Bühne, auf der Senio­ren Karao­ke­hits beglei­tet vom Klat­schen der Zuschauer per­for­men. Ein paar Augen­bli­cke sind wir nicht sicher, ob es sich um ernst­haf­ten Gesang oder Gauk­ler­un­ter­hal­tung han­delt. Viel­leicht klin­gen die Stim­men auch nur für unsere Ohren ver­zerrt, piep­sig und die Töne schräg. Mit Hin­gabe sin­gen die alten Damen und Her­ren ihre Lieb­lings­lie­der, tän­ze­risch beglei­tet von einem ulki­gen Opi mit Cap­pie, der ver­gnügt von links nach rechts hüpft.

Wenn auch die Euro­päer Melakka sein Ant­litz ver­lie­hen, so ist der Sound den­noch asia­tisch geblieben.

Cate­go­riesMalay­sia
    1. Aylin says:

      Ich hatte ein Paar gefragt, ob sie am sel­ben Tag hei­ra­ten, aber es war ein rei­ner Foto-Tag, und die Hoch­zeit fand ganz woan­ders und an einem ande­ren Tag statt. :-) Rund um die Sehens­wür­dig­kei­ten haben wir die Hoch­zeit­shoo­tings ent­deckt, falls es Dich auch nach Malaka ver­schla­gen sollte.

    2. Theresa says:

      Bei Chi­ne­sen ist es üblich Hoch­zeits­fo­tos Tage oder sogar Wochen vor der Hoch­zeit zu machen. Oft ver­rei­sen die Paare dafür an beson­dere Loca­ti­ons. An der Hoch­zeit selbst wer­den die Bil­der dann gezeigt und ausgestellt.

  1. Uli says:

    Sehr schöne Bilder!
    Span­nend wie unter­schied­lich die Hoch­zeits­paare geklei­det sind.
    Inter­es­sant auch, dass der erste Bräu­ti­gam Flip-Flops zum Anzug an hat ;-)

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