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Auf die Berge! Fer­tig! Los!

„Alles ok bei dir?“ schallt es her­auf in meine Rich­tung. Ich klinke mich schnell um, lehne mich zurück in meine Siche­rung und bli­cke in Rich­tung des Rufes. Sarah, von der der Ruf kam, hängt läs­sig 10 Meter unter mir im Fels und macht flei­ßig Sel­fies über dem Abgrund. Mein Blick schweift über die Alm unter uns. „Alles bes­tens!“, rufe ich zurück und genieße den Aus­blick über die Berge um mich herum. Wie ein Kes­sel umschlin­gen sie das Sil­ber­kar, eine ehe­ma­lige Alm am Ende einer wun­der­vol­len Wildwasserklamm.

Nur noch 50 Meter bis zum Aus­stieg aus der Wand. Pas­send zum Klet­ter­st­eig­na­men „Siega“ füh­len wir uns wie Sie­ger, als wir oben ankom­men. Den letz­ten von drei Klet­ter­stei­gen an die­sem Tag haben wir geschafft. Unter uns leuch­tet das Grün der Alm, aus­ge­trock­nete Fluss­läufe zie­hen sich wie Adern durch die Ebene, die umge­ben ist von immer kah­ler wer­den­den Hän­gen, die sich dann als stei­les Fels­mas­siv bis zu uns hin­auf erstrecken.

Dominik am Siega-Klettersteig

Hin­auf in die Natur

Berg­tou­ren habe ich schon einige gemacht, aber die­ses Wochen­ende möchte ich etwas Neues aus­pro­bie­ren: die Schwie­rig­keit beim Wan­dern etwas erhö­hen und neue Wege gehen, um die Natur zu ent­de­cken. Zwar habe ich etwas Klet­ter­er­fah­rung, aber noch nie war ich im Hoch­ge­birge klet­tern. Das wäre jetzt auch etwas zu viel ver­langt. Als idea­len Mit­tel­weg dazu wur­den mir Klet­ter­steige emp­foh­len. Seit eini­gen Jah­ren wer­den sie immer popu­lä­rer und siche­rer. Als Fern­rei­sen­der schaue ich meist auch in die weite Welt und Öster­reich, beson­ders die Region Schlad­ming Dach­stein blieb mir bis­her ver­bor­gen. Doch schnel­ler als ich schauen kann, steht die Bestei­gung des Dach­steins auf mei­ner To-Do-Liste.

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Wei­tere Infor­ma­tio­nen

Zusam­men mit einer Gruppe Gleich­ge­sinn­ter und klet­ter­stei­gu­n­er­fah­re­ner Aben­teu­er­lus­ti­gen lasse ich mir bei einem kur­zen Kurs am Mor­gen durch zwei erfah­rene Berg­füh­rer die Kunst des Klet­ter­stei­gens bei­brin­gen. Hans und Wal­ter klet­tern in ihrer Region schon seit über 40 Jah­ren für die Berg­ret­tung und als Berg­füh­rer. Die beste Quelle also für uns uner­fah­rene Klet­ter­steig­ler. Die bei­den Berg­füh­rer und zugleich Berg­ret­ter stel­len uns auch die wich­tigs­ten Aus­rüs­tungs­ge­gen­stände zur Ver­fü­gung: Helm, Klet­ter­gurt und Klet­ter­steigset. Ohne diese drei Dinge wäre ein Klet­ter­steig kein Klet­ter­steig, son­dern ein gefähr­li­ches Aben­teuer. Als mir kleine Stein­chen vom Vor­der­mann auf dem Kopf lan­den, bin ich sehr froh einen Helm zu haben.

An einem kur­zen und leich­ten Klet­ter­steig der Kate­go­rie B und C tes­ten wir unser gelern­tes Wis­sen, ohne uns noch zu sehr um unsere Sicher­heit sor­gen zu müs­sen. Die ideale Vor­be­rei­tung auf die anste­hen­den „Schmuck­stü­cke“. Mit viel Freude und Aus­ge­las­sen­heit quat­schen wir mit unse­ren Bergführern.

Bergführer Hans

Ihr Erfah­rungs­schatz scheint uner­schöpf­lich. Wir haben gehört, dass in Ram­sau und der Region die Fern­seh­se­rie „Die Berg­ret­ter“ gedreht wird. Wal­ter erzäh­len uns von den ver­rück­tes­ten Sze­nen und ihren Aktio­nen als Stunt-Dou­bel. Sarah fragt, ob man sich ihre Arbeit als Berg­ret­ter auch so vor­stel­len kann. Wal­ter lacht nur und bewer­tet einige Sze­nen als über­trie­ben. Am Ende des Tages räumt er aber trotz­dem ein, dass es auch in der Rea­li­tät sol­che Fälle gibt. Gip­fel zie­hen magisch an und lei­der auch bei schlech­tem Wet­ter. Beson­ders die Tsche­chen kön­nen es nicht lassen.
Ramsau am Dachstein

Zum Hias nochmal

Wir haben es geschafft! Mit dem Klet­ter­steig­schein in Reich­weite, trauen wir uns noch vor dem Mit­tag­essen auf der Sil­ber­kar­klamm-Hütte einen Klet­ter­steig der Kate­go­rie C und D zu. Wir stei­gen vom Fuße der Klamm gemüt­lich zum Ein­stieg des „Hias“-Klettersteigs hin­auf. Vor­bei an einem glas­kla­ren See und den klei­nen Strom­schnel­len des Wild­was­ser­ba­ches geht es den Steg ent­lang. An unse­ren Ruck­sä­cken bau­melt schon fast pro­fi­haft das Klet­ter­ge­schirr und schafft eine span­nende Atmo­sphäre; die Vor­freude auf den Ein­stieg stei­gert sich mit jedem Schritt.

Über den Fluss spannt sich ein Draht­seil als Brü­cke. Zwei Hal­te­seile und das Siche­rungs­seil beglei­ten mich auf dem Weg über den rei­ßen­den Bach. Auf der ande­ren Seite erwar­tet mich ein stei­ler Fels. Mit Trittstif­ten, die aus dem Fels her­aus­ra­gen, hangle ich mich an der Flanke ent­lang und lang­sam empor. Die Aus­sicht auf die Klamm wird immer spek­ta­ku­lä­rer. Auf der ande­ren Seite an der stei­len Wand sind zwei kleine Punkte zu erken­nen. Ob wir genauso spek­ta­ku­lär von unten aussehen?

Am Klettersteig

Die Klet­ter­pas­sa­gen wer­den zum Ende hin immer anstren­gen­der und mit der gro­ßen Gruppe hänge ich auch öfter mal im Stau. Die Arm­kraft auf den D‑Passagen for­dert die letz­ten Reser­ven. Zum Glück erwar­tet uns am Ende des Klet­ter­stei­ges und nur wenige Fuß­mi­nu­ten ent­fernt das Mittagessen.

Wie sich Pas­sa­gen der höchs­ten Kate­go­rien E und F wohl anfüh­len? So unge­übt, wie ich mich gerade fühle, will ich diese Kate­go­rien heute doch noch nicht aus­pro­bie­ren. Aber, die Lust nach mehr hat mich gepackt. Das Wet­ter spielt auch noch mit und so geben uns Hans und Wal­ter das OK, noch einen Klet­ter­steig zu erklim­men. Es fin­det sich aber nur noch Sarah, um die 150 Höhen­me­ter des „Siega“-Klettersteigs zu erklim­men. Eine wun­der­volle Tour durch die Natur und ein schö­ner Abschluss des Tages. Als Sarah beim Anblick des vier­ten Ein­stiegs leuch­ten­den Augen bekommt, muss ich lei­der mei­nen Armen zu liebe ablehnen.

Auf den Gipfel

Früh auf­ste­hen heißt es am nächs­ten Tag. Mit der ers­ten Gon­del führt uns unsere Fahrt auf den Glet­scher des Dach­stein­ge­bir­ges. Das Wet­ter ist heute unsere größte Sorge. Ohne mäßige Gnade trei­ben uns Wal­ter und Hans in Rich­tung Ein­stieg zum Klet­ter­steig auf den Hohen Dach­stein. Noch liegt der Gip­fel nicht im Nebel und in den Wol­ken. Der Him­mel ist leicht bewölkt und im Tal wech­seln sich Son­nen­strah­len und die Schat­ten der Wol­ken ab. Ein Blick in die Ferne lässt aber einen Wet­ter­wech­sel vorausahnen.

Einstieg zum Klettersteig am Hohen Dachstein

Abseits des Pfa­des sinke ich tief in den Schnee ein und fange schon lang­sam auf die­ser Höhe an, zu schnau­ben. Zum Glück erwar­tet uns kein schwe­rer Klet­ter­steig mehr. Noch auf dem Schnee­feld zie­hen wir uns die Gurte und Helme auf und begin­nen lang­sam den Auf­stieg. In den kur­zen Ver­schnauf­pau­sen schweift mein Blick über die Land­schaft. Mir fällt wie­der ein­mal schmerz­lich auf, wie sehr ich die Berge ver­misst habe. Die Moti­va­tion für die letz­ten Meter auf den 2996 Meter hohen Dach­stein steigt mit jedem Höhen­me­ter. Einige Pas­sa­gen for­dern noch­mal unsere volle Kon­zen­tra­tion. Der Schnee auf den Fel­sen macht den Unter­grund rut­schig und in die­ser Höhe muss jeder Schritt sit­zen. Ich will ja nicht, wie in der Serie der „Berg­ret­ter“, abge­holt wer­den. In den Hän­den von Hans und Wal­ter fühle ich mich den­noch sehr sicher. Hoch und run­ter kom­men werde ich bestimmt. Nur wie? Das ist die Frage.

Hoher Dachstein

Das Gip­fel­kreuz ist fast in Reich­weite. Nur noch einige Fels­stu­fen nach oben, dann stehe ich an der Spitze und dem gro­ßen Ziel die­ses Wochen­en­des. Nach den obli­ga­to­ri­schen Gip­fel­fo­tos packen wir unsere Brot­zeit aus und stär­ken uns für den Abstieg.

Mit dem Hin­tern zuerst

Für den Abstieg wäh­len wir den Weg über das Schnee­feld. Wal­ter kün­digt uns schon eine Rutsch­par­tie an. Mit mäßi­ger Begeis­te­rung stap­fen wir den Spu­ren im Schnee hin­ter­her. Bevor wir uns über Rut­schen und nicht Rut­schen ent­schei­den kön­nen, über­holt mich Wal­ter und watet durch tie­fe­ren Schnee an der Gruppe vor­bei. Ich folge am Seil und ehe ich mich ver­se­hen kann, sitze ich im Schnee. Alle ande­ren fol­gen mir unwei­ger­lich am Seil und wir glei­ten das Schnee­feld hinab. Sarah fin­det mei­nen anfäng­li­chen Brems­stil etwas hin­der­lich an der schö­nen Abfahrt und mit einem beherz­ten Zug am Seil bringt sie mich wie­der in Fahrt. Mit einem gro­ßen Lachen ste­hen wir nach unse­rer Abfahrt am Fuße des Han­ges wie­der auf und stap­fen zur See­tha­ler­hütte. Lang­sam hüllt sich nun auch der Hohe Dach­stein in die ange­kün­dig­ten Wol­ken und wir sind froh, die Aus­sicht noch genie­ßen zu können.

Dachsteingebirge

Das erste Klet­ter­steig­wo­chen­ende mei­nes Lebens geht hier erfolg­reich zu Ende. Wir haben in nur zwei Tagen vier wun­der­volle Klet­ter­steige in der Region Schlad­ming Dach­stein erklom­men. Dank der Ein­füh­rung der Berg­füh­rer Hans und Wal­ter in die mir neue Welt des Klet­ter­stei­gens ist der Ein­stieg schnell und erfolg­reich geglückt. Mit viel Lust auf mehr „Klet­ter­steige“ setzte ich mich in den Zug. Wäh­rend die Berg­land­schaf­ten an mir links und rechts vor­bei zie­hen, träume ich schon von der nächs­ten Tour!

Blick über den Dachsteingletscher

Vie­len Dank an Schlad­ming Dach­stein für die Einladung!

Cate­go­riesÖster­reich
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Dominik Mohr

Dominik folgt seinem Schatten durch die Welt. In einem minimalistischen und einfachen Reisestil wird man von ihm um die Welt geführt und einmal beschleunigt, geht es dann immer weiter. Meist geht die Tour an abgelegene Orte und bringt das tägliche Leben und die Hürden der Menschen näher.
Ausgefallene und teilweise auch ungewöhnliche Reiseziele rund um Afrika und den Nahen Osten stehen vereinzelten Reisezielen in den beliebten Gegenden entgegen und zeigen den Kontrast der Welten und der Natur.

  1. Bella says:

    Hey Domi­nik! Mir geht es genau so wie Mareike. Aber wenn du sagst dass die Schwie­rig­keits­stufe A und B mach­bar ist werde ich das auf jeden Fall mal pro­biere! Nach mei­nem Ski­ur­laub Söl­den mache ich dann auch mal einen Klet­ter­ur­laub! Falls ich den Blog­ein­trag dann wie­der finde berichte ich dir und Mareike! Grüße Bella.

  2. Mareike Müller says:

    Wow, wirk­lich beein­dru­ckend! Ich würde auch sehr gern so klet­tern kön­nen, aber dafür reicht meine Kraft und Kon­di­tion nicht. Des­halb bleibe ich wohl im nächs­ten Urlaub Ober­stau­fen wie­der beim Wan­dern. Man kann halt nicht alles :-) Das Hotel (http://www.mondiholiday.de/de/) ist schon gebucht und ich bin gespannt ob ich auch so tolle Bil­der bekomme wie du :-)

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      Dominik Mohr says:

      Hallo Mareike! Kraft spielt natür­lich eine Rolle, aber erst wenn es in Rich­tung C und D Schwie­rig­keits­stufe geht. Bei A und B muss man sich meist nur fest­hal­ten. Die Kraft kommt da noch aus den Bei­nen. Pro­bier ein­fach mal einen A oder B aus…ich kann es nur emp­feh­len. Ich hatte jetzt im Spät­som­mer noch einen klei­nen Klet­ter­steig (http://www.followtheshadow.de/slowenien-berge/) gemacht. 45 Minu­ten. Das kann man auch ohne Training :-)

  3. Wenn ich die Fotos sehe, möchte ich auch wie­der sofort los! Ich habe in mei­nem Leben herr­li­che Tou­ren unter­nom­men, weiß aber auch, dass ich das heute nicht mehr schaffe. Selbst­über­schät­zung, das weiß ich, kann töd­lich sein.

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      Dominik Mohr says:

      Danke Bea­trix! Mir geht es genauso…die Berge zie­hen mich immer wie­der magisch an. Ich war viel auf mit­tel­schwe­ren Klet­ter­stei­gen unter­wegs, aber die A/​B, also die ein­fa­che­ren sind sicher ein Ver­such wert.

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