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Kater nach der Revolutionsparty

Tou­zeur – Es gibt schlech­tere Gründe für eine gute Party als eine erfolg­rei­che Revo­lu­tion. Und weil Tune­sien im Februar 2015 als ein­zi­ges Land des Ara­bi­schen Früh­lings auf der rich­ti­gen Seite der Geschichte steht, sind Jour­na­lis­ten aus halb Europa ein­ge­flo­gen wor­den – nach Nefta in die Wüste zum Dunes Elec­tro­ni­ques, dem größ­ten Elec­tro-Fes­ti­val Nordafrikas.

Es ist pas­sen­der­weise gerade ein Jahr her, dass die neue Ver­fas­sung des Lan­des in Kraft trat, die fort­schritt­lichste der gesam­ten ara­bi­schen Welt. Aus die­sem his­to­ri­schen Umstand lässt sich eine grif­fige und nie­mals fal­sche Bot­schaft ablei­ten: „The youth wants to party.“ So erklärt es Yan Degorce-Dumas zum Auf­takt des Fes­ti­vals. Der Fran­zose orga­ni­siert das Dunes Elec­tro­ni­ques mit sei­ner Agen­tur Panda Events, man hat in Tune­sien alle Hebel in Bewe­gung gesetzt, es ist ein Rie­sen­event gewor­den, auch wenn sie nach dem Anschlag auf Char­lie Hebdo im Monat zuvor in Europa prak­tisch keine Tickets mehr ver­kauft haben.

Der Satz mit der Jugend, die fei­ern will, wan­dert in die Notiz­blö­cke der Jour­na­lis­ten. Er taugt mög­li­cher­weise als ein­falls­lose, aber immer­hin pla­ka­tive Über­schrift für die Arti­kel, die spä­ter erschei­nen sol­len und im bes­ten Fall von einem „neuen“, moder­nen, welt­of­fe­nen Tune­sien berich­ten. Doch so wird es lei­der nicht kommen.

b_dsc06820b_dsc06732b_dsc06741Tan­zen in den Dünen: das Fes­ti­val Dunes Elec­tro­ni­ques in der Wüste Tunesiens.

Der Ort der Eröff­nungs­pres­se­kon­fe­renz, das mini­ma­lis­ti­sche und tod­schi­cke Design­ho­tel Dar HI in Nefta („un lieu de soins pour le corps et l’e­sprit“), passt per­fekt zum ange­streb­ten Image Tune­si­ens. Es ist ein Hotel für Kos­mo­po­li­ten mit Sinn für Stil und Kul­tur. „Der neue Life­style im Süden“, unter die­sem schon ziem­lich grö­ßen­wahn­sin­ni­gen Motto wurde die deut­sche Jour­na­lis­ten­de­le­ga­tion zu der Reise ins Lan­des­in­nere ein­ge­la­den, weg von Bade­zie­len wie Djerba oder Ham­ma­met, um die sich sonst fast alles dreht im Tou­ris­mus des Lan­des. Das Dunes Elec­tro­ni­ques soll ein Sym­bol sein.

Salma Ell­o­umi Rekik weiß: Eine Woche Urlaub im Strand­ho­tel für 350 Euro inklu­sive Flü­gen und Voll­ver­pfle­gung sind ein beschis­se­nes Pro­dukt. Aber die tune­si­sche Tou­ris­mus­mi­nis­te­rin hat auf guten Uni­ver­si­tä­ten, in inter­na­tio­na­len Fir­men und bei teu­ren Lea­der­ship-Semi­na­ren gelernt, wie man unschöne Wahr­hei­ten in tech­no­kra­tisch-harm­lose Sätze fasst. Des­halb erklärt sie in Tunis den Repor­tern: Wir müs­sen den Tou­ris­mus diversifizieren.

Das Pro­blem ist eigent­lich seit vie­len Jah­ren bekannt. Der All-inclu­sive-Bil­lig­tou­ris­mus mit sei­nen lach­haf­ten Mar­gen, beschränkt auf viel­leicht drei Monate des Jah­res, bringt den Men­schen im Land nicht viel. Das meiste Geld bleibt bei den Besit­zern der Resorts, bei den Rei­se­ver­an­stal­tern – und die kom­men meist aus dem Aus­land. In Tune­sien selbst gibt der deut­sche Urlau­ber ja nichts mehr aus, wenn er den gan­zen Tag kos­ten­los essen und trin­ken kann und nie­mals die Hotel­an­lage ver­lässt, weil sich bit­te­schön nichts ändern soll am immer glei­chen Tages­ab­lauf, nur dass eben die Haut lang­sam ihre Farbe wech­selt. Es gibt also, diplo­ma­tisch for­mu­liert, ein Pro­blem mit der Zielgruppe.

In der Zukunft sol­len Urlau­ber end­lich auch das Land abseits der Strände ken­nen­ler­nen. Thalasso machen, Golf spie­len, Wüs­ten­tou­ren unter­neh­men, die Kul­tur­stät­ten besich­ti­gen (Kar­thago, Dougga, Kerk­ouane, El Jem), in life­sty­li­gen Hotels über­nach­ten. Tune­sien will eine Art zwei­tes Marokko wer­den, mit einer Trend-Metro­pole wie Mar­ra­kesch, die den Ori­ent mit einer welt­ge­wand­ten Ent­spannt­heit ver­bin­det. Das ist ein Grund, warum nun etwas außer­halb der Stadt Nefta, nahe des rie­si­gen Salz­sees Chott el Dje­rid, vier Meter hohe Boxen­türme in den Wüs­ten­sand gestellt werden.

b_dsc06546b_dsc06508Fahrt ins Hin­ter­land: Tune­sien träumt von einem blü­hen­den Wüsten-Tourismus.

Umringt von Dünen liegt das Fes­ti­val­ge­lände mit sei­ner klei­nen Bühne, ein paar Spon­so­ren sind da, Coca Cola hat ein gro­ßes Zelt auf­ge­baut. Am ers­ten Tag rücken lang­sam aber ste­tig Gäste an, junge wohl­ha­bende Haupt­städ­ter aus Tunis wie der Event­ma­na­ger Moha­med Ali Siala, das Auto vol­ler hüb­scher Freunde und jeder Menge Alko­hol im Kof­fer­raum. Ein paar Euro­päer sind auch da, sogar abzüg­lich der Presse. Es fehlt jetzt nur noch die Musik.

Die tune­si­sche Natio­nal­garde hat ihre ver­git­ter­ten Fahr­zeuge vor dem Ein­gang des Fes­ti­vals abge­stellt. Män­ner mit Maschi­nen­ge­weh­ren ste­hen ein­sam auf Sand­hü­geln und schauen in das weite Nichts der Wüste, und in ste­ter Regel­mä­ßig­keit fliegt ein extrem ner­vi­ger Heli­ko­pter in nur weni­gen Metern Höhe über das Gelände. Hof­fent­lich hört er damit auf, bevor der erste DJ auf­legt. Aber es muss wohl sein.

b_dsc06749b_dsc06650Män­ner, die auf Dünen star­ren: Die Natio­nal­garde bewacht das Wüsten-Festival.

Warum die tune­si­sche Regie­rung hier ein Sicher­heits­kon­zept prä­sen­tiert, als ginge es darum, einen Gold­trans­port zu beschüt­zen, liegt auf der Hand: Die Angst vor Ter­ro­ris­mus ist immer da. Aus der jun­gen Wun­der­de­mo­kra­tie Tune­sien, die den Dik­ta­tor Ben Ali erfolg­reich zum Teu­fel gejagt hat, sind erstaun­lich viele junge Män­ner in den Dschi­had nach Syrien gezo­gen, um sich einer der zahl­rei­chen Isla­mis­ten-Mili­zen anzu­schlie­ßen, von denen jede ihre eigene Recht­fer­ti­gung dafür hat, Geg­ner und Ungläu­bige aller Art zu mas­sa­krie­ren wie im Mit­tel­al­ter – allen voran natür­lich der IS, das archai­sche Phan­tom des glo­ba­li­sier­ten Ter­rors. Läge es da nicht nahe, diese auf­ge­bla­sene Hedo­nis­ten-Ver­an­stal­tung im eige­nen Land, auf die sich so viel Auf­merk­sam­keit rich­tet, öffent­lich­keits­wirk­sam in die Luft zu jagen? Eben.

Warum wer­den so viele Tune­sier zu Ter­ro­ris­ten? It’s the eco­nomy, stu­pid – Tune­si­ens Wirt­schaft kommt nicht auf die Beine, die Arbeits­lo­sig­keit ist hoch, zu viele junge Men­schen sind ohne Per­spek­tive. Das gestal­te­ri­sche Momen­tum des Tri­umphs nach der Revo­lu­tion, der Sieg der Ver­nunft und des Kon­sen­ses, Poli­tik also – das funk­tio­niert als Bin­de­mit­tel einer unglei­chen Gesell­schaft nur für kurze Zeit. Und das ist die Schwie­rig­keit für ein Land wie Tune­sien. Ob die Jugend noch im Endor­phin­rausch des Frei­heits­kamp­fes auf der Tanz­flä­che zusam­men­kommt oder schon aus Über­druss und Nihi­lis­mus, ist plötz­lich gar nicht mehr so klar, wie die Ver­an­stal­ter des Dunes Elec­tro­ni­ques die Welt glau­ben machen wollen.

b_dsc06574Kein Durch­kom­men: Unzu­frie­dene Jugend­li­che haben eine Stra­ßen­sperre errichtet.

Deena Abdel­wa­hed kann das nur bestä­ti­gen. Die Tune­sie­rin – sehr klug, ruhig und mit schwar­zen Locken und einem brei­ten Lächeln auf natür­li­che Weise bild­hübsch – legt das erste Set an die­sem Frei­tag­nach­mit­tag auf. Mit 19 Jah­ren zog sie nach Tunis, stu­dierte Innen­ar­chi­tek­tur, wurde dann Jazz­sän­ge­rin und schließ­lich DJane für elek­tro­ni­sche Musik. Ein Kind des Inter­nets, eine Grenz­gän­ge­rin zwi­schen ara­bi­scher und west­li­cher Kul­tur, auch vom Sound her. Avant­garde, klar, aber nicht stur aus Prin­zip, son­dern aus Neu­gier und Mut.

„It’s because of the frus­tra­tion that the youth wants to party“, sagt also Deena Abdel­wa­hed. Wel­chen Frust meint sie genau? „The eco­no­mic frus­tra­tion“, prä­zi­siert sie. Aha, das ist inter­es­sant. Man muss davon aus­ge­hen, dass Deena weiß, was sie sagt, wenn sie von der Jugend im Land spricht: „They don’t trust the govern­ment. They have been betrayed too many times.“ Gilt etwa ‚Nach der Revo­lu­tion ist vor der Revo­lu­tion‘, wie in Ägyp­ten? Spä­ter, als die Musik ein­mal ein wenig an Druck ver­liert, rufen einige Leute aus dem Publi­kum laut und fröh­lich „Fick dich Ghan­nou­chi“ (auf Ara­bisch), und sie mei­nen damit den Vor­sit­zen­den der isla­mis­ti­schen Ennahda-Par­tei, die mit in der Regie­rung sitzt.

b_dsc06648-kopieGesicht eines welt­of­fe­nen Tune­si­ens: DJane Deena Abdelwahed.

Doch das Fes­ti­val ist fried­lich. Deena spielt ihr Set, es wird sich warm­ge­tanzt, der Hub­schrau­ber fliegt nicht mehr, die Nacht kommt schnell und bald. Ein­tracht in den Dünen. Hin­ter der Bühne ste­hen die ver­las­se­nen Häu­ser des Raum­ha­fens Mos Espa aus den Star-Wars-Fil­men, was keine Dro­gen­fan­ta­sie ist: George Lucas drehte hier in der Wüste Tune­si­ens nörd­lich des dimen­si­ons­lo­sen Salz­sees Teile sei­ner gro­ßen Macht-und-Mys­tik-Saga. Tatooine, der Hei­mat­pla­net des jun­gen Ana­kin Sky­wal­ker – hier wurde er erst Wirk­lich­keit und dann wie­der Fik­tion. Die Film­ku­lisse ist bis heute erhalten.

»Dunes Elec­tro­ni­ques – Epi­sode II« heißt die zweite Aus­gabe des Fes­ti­vals fol­ge­rich­tig. Die Ver­an­stal­ter haben sich den Star-Wars-Kult zu Nutze gemacht, ver­spielt und iro­nisch. So lächelt gütig Meis­ter Yoda von einem Schild, mit Pop­corn in der Hand, man­che Gäste tra­gen Star-Wars-Kos­tüme. Man hat kurz den Ein­druck, auf einem sehr fami­liä­ren Fes­ti­val zu sein, als Teil einer ein­ge­schwo­re­nen Gemeinschaft.

b_dsc06670bilder-aneinanderreihen2-kopieStar-Wars-Kulis­sen, Star-Wars-Jün­ger – und Meis­ter Yoda.

Ist dies nun das neue Tune­sien? Auf den ers­ten Blick wirkt es so. Man sieht, wie die Natio­nal­flagge in die Luft gehal­ten wird, aus Stolz. Man sieht Son­nen­bril­len, Hot­pants, Alko­hol, Tat­toos und viele Men­schen, die ehr­lich gut drauf sind. Aber es sind wenige, das Fes­ti­val ist nicht gerade über­lau­fen. Mehr so ein Konzertchen.

Wer im Land kann sich das teure Ticket leis­ten? Wer kann hier mit einem Fahr­zeug in die Wüste fah­ren, ein Hotel bezah­len, Geld für die Drinks aus­ge­ben und was man sonst so braucht? Sind das nicht vor allem die Leute mit Geld und wasta (den rich­ti­gen Ver­bin­dun­gen), die schon immer ihre Pri­vi­le­gien genie­ßen konn­ten? Und selbst wenn dies hier die Ver­tre­ter der pro­gres­si­ven Mitte sind – was kön­nen sie errei­chen, wenn dem Land eine wirt­schaft­li­che Per­spek­tive fehlt? Zumin­dest kön­nen sie feiern.

Doch auch damit wird es nichts. Schon der Eröff­nungs­tag war ver­scho­ben wor­den, wegen des Wet­ters. Am zwei­ten Tag dann, nach dem fried­li­chen Auf­takt­abend in den Dünen, reg­net es fast unun­ter­bro­chen große, harte Trop­fen. Die Stadt Tou­zeur, wo die Presse unter­ge­bracht ist, sieht auf ein­mal sehr trost­los aus, wie ein rück­stän­di­ger Außen­pos­ten der Zivi­li­sa­tion, weit weg von der frucht­ba­ren Küste. In der Nach­bar­stadt Nefta ist es ähnlich.

b_dsc06762b_dsc06627bilder-aneinanderreihen22-kopieb_dsc06871Pro­gres­sive junge Men­schen auf dem Dunes Elec­tro­ni­qes: die Zukunft Tunesiens?

Man bringt den Tag in schmuck­lo­sen Hotels herum, denn schließ­lich kön­nen nicht alle in den teu­ren und rasch aus­ver­kauf­ten Zim­mern im Dar HI schla­fen. Regen, Regen – stun­den­lang. In den Dünen weicht der Boden auf Sand, der Sand schwimmt und setzt sich in Bewe­gung. Letzt­lich wird das Fes­ti­val abge­sagt, die ange­reis­ten DJs spie­len am Sams­tag­abend in ver­schie­de­nen Clubs der Stadt. Alles ganz unter­halt­sam, aber wenn man in die Wüste gereist ist, um unter dem Ster­nen­him­mel vor einem alten Raum­ha­fen mit Tune­si­ens post­re­vo­lu­tio­nä­rer Groß­stadt­ju­gend eupho­ri­siert in die Nacht zu tan­zen, dann wirkt das Ganze wie ein scha­ler Kom­pro­miss. Und was ist die Bot­schaft für die Welt, die kurz zuschaut? Sie brin­gen da jetzt Life­style in den Süden, aber wenn’s ein­mal reg­net, schwimmt alles davon, irgend­wie auch der ganze Optimismus?

Tune­sien, vier Monate spä­ter: Am Strand von Sousse erschießt ein IS-Atten­tä­ter unter der hei­te­ren Mit­tel­meer­sonne mit einem auto­ma­ti­schen Gewehr ins­ge­samt 38 Urlau­ber, bevor er selbst getö­tet wer­den kann. Das war’s. Die Gäs­te­zah­len bre­chen end­gül­tig ein, Hotels müs­sen schlie­ßen, Flug­ver­bin­dun­gen wer­den gestri­chen. Als All-Inclu­sive-Bade­ziel ist Tune­sien für die meis­ten Urlau­ber gestor­ben. Auch eine Epi­sode III des Dunes Elec­tro­ni­ques wird es nicht geben, die Sith haben gewon­nen. Die Bot­schaft des Ter­rors („Ich bin dein Tod“) ist mäch­ti­ger als jeder dif­fe­ren­zierte Einwand.

dsc06033Angst vor der Waffe: Der Ter­ror hat Tune­si­ens Tou­ris­mus rui­niert (Sym­bol­foto).

Was pas­siert nun mit Städ­ten wie Nefta und Tou­zeur, die auf hal­bem Weg ins Nichts lie­gen? Die Idee von der Diver­si­fi­zie­rung, von einem bes­se­ren Tou­ris­mus im Süden des Lan­des, von smar­ten Tra­vel­lern, die ihre tajine auf der Ter­rasse eines Bou­tique-Hotels mit Blick über die end­lo­sen Dünen der Sahara genie­ßen – sie flim­mert nur noch schwach wie die Fata Mor­gana einer Oase auf dem toten Salz­see Chott el Djerid.

Nach der Köl­ner Sil­ves­ter­nacht wird viel über »den Nord­afri­ka­ner« gere­det, den Nafri. Die Spra­che ist über­haupt sehr merk­wür­dig gewor­den. Es sind, wie man irgend­wann ein­mal fest­stel­len wird, nicht die geist­volls­ten Zei­ten in Deutsch­land. Aber klar, wir haben die Ord­nung, die funk­tio­nie­rende Poli­zei, das Ver­spre­chen auf Wohl­stand. Des­we­gen kom­men so viele Men­schen, auch aus Tune­sien. Deena Abdel­ha­wed wohnt mitt­ler­weile in Tou­louse. Sie spielt jetzt viel in Clubs in Europa.

Cate­go­riesTune­sien
  1. Guido says:

    Tol­ler Arti­kel. Die weg­blei­ben­den Tou­ris­ten gefähr­den lei­der die demo­kra­ti­sche Per­spek­tive für Tune­sien. Wenn demo­kra­ti­sche Par­teien in Tune­sien nicht wenigs­tens die Aus­sicht auf ein klei­nes biss­chen Wohl­stand lie­fern kön­nen, dann wer­den sich andere Kräfte durch­set­zen. In hie­sie­gen Medien wur­den in der Bericht­erstat­tung zum ara­bi­schen Früh­ling vor allem Aspekte wie Mei­nungs­frei­heit und Demo­kra­tie her­aus geho­ben. Vor Ort ging es vie­len Men­schen um viel nahe­lie­gen­dere Aspekte, wirt­schaft­li­che Aspekte. Sehr vie­len ging es pri­mär um Jobs und eine Per­spek­tive für ein klei­nes biß­chen Wohl­stand. Eine Mehr­heit bevor­zugt im Zwei­fels­fall wahr­schein­lich etwas Wohl­stand in einem tota­li­tä­rem Sys­tem gegen­über der Aus­sicht Mei­nungs­frei­heit in völ­li­ger Armut zu genießen.

    Der Indi­vi­du­al­tou­rist hält sich ja meist für beson­ders wert­voll, aber man kann auch Mas­sen-All-Inklu­sive-Pau­schal­tou­ris­mus gutes Geld ver­die­nen. Siehe Spa­nien, Ita­lien, Tür­kei, Grie­chen­land … Tune­sien hat aktu­ell nur (wie auch Ägyp­ten) das Pro­blem, dass man nach Anschlä­gen und Unru­hen die Preise stark sen­ken musste, um über­haupt noch Tou­ris­ten anzu­lo­cken. Beim aktu­el­len Preis­ni­veau ergibt das für nie­man­den Sinn. Aber alles Schlie­ßen ist auch keine Option. 

    Der Wüs­ten- und Hin­ter­land­tou­ris­mus wird wohl noch lange die Domäne der Indi­vi­du­al­tou­ris­ten blei­ben. Das ist für die meis­ten Urlau­ber ein­fach nicht attrak­tiv. Höchs­tens macht man wäh­rend des 2wöchigen Bade­ur­laubs im AI-Bun­ker mal einen geführ­ten Tages­aus­flug mit dem Bus. Von den Indi­vi­du­al­tou­ris­ten in der tune­si­schen Wüste kom­men die meis­ten aber mit dem eige­nen Auto (aus­ge­rüs­te­ter 4x4), stel­len irgendwo ihr Zelt auf. Außer ein paar mal nied­rige Cam­ping­ge­büh­ren, 2–3 Tank­fül­lun­gen und ein biss­chen Obst und Gemüse gene­rie­ren die kaum Umsätze in Tune­sien und sind auch nicht son­der­lich lukrativ.

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