Nur einige unkom­for­ta­ble Stun­den, nach meh­re­ren ermat­ten­den Wochen ist es her, dass ich einen fran­zö­si­schen Rei­se­freund in San Pedro Sula zurück­ge­las­sen habe. Der her­un­ter­ge­kom­mene Blue­Bird Bus spuckt mich in den Staub, wie ich die bit­te­ren grü­nen Man­go­stück­chen, die mir die fette Stra­ßen­ver­käu­fe­rin mit „Dulce, Dulce“ ange­prie­sen hatte.

Benom­men taumle ich ins Freie, grelle Sonne, Dreck, Lärm und Hitze tref­fen mich wie ein Ham­mer­schlag. Ori­en­tie­rungs­los ver­harre ich einen Moment an der Tank­stelle, dem impro­vi­sier­ten Bus­stopp. Ich habe Kopf­schmer­zen, bin halb ver­hun­gert und hun­de­müde, was für ein beschis­se­ner Tag.

„Will­kom­men im Dreck“ denke ich und wuchte mei­nen schwe­ren Ruck­sack auf die Schultern.

Män­ner in Cow­boy­stie­fel mit Mache­ten an den Gür­teln kreu­zen mei­nen Weg. So hatte ich mir Mexiko immer vorgestellt…eben mit die­sem typi­schen Charme einer Bana­nen­re­pu­blik und alten ame­ri­ka­ni­schen Schulbussen…

„Bananenrepublik“…denke ich und lache laut auf, als mich ein LKW der Stan­dard Fruit Com­pany pas­siert…“Hon­du­ras“, denke ich, „Hon­du­ras ist DIE Bana­nen­re­pu­blik“. Sekun­den spä­ter bereue ich mei­nen Anflug von Hei­ter­keit, als sich schwe­rer Die­sel­ge­schmack in mei­nem Mund aus­brei­tet. Ich ver­su­che aus­zu­spu­cken, doch bin zu sehr ausgetrocknet.

„Beschis­se­ner Tag“ denke ich und „es muss sie auf jeder Reise geben, diese beschis­sene Tage“…meine Laune ist im Kel­ler und will nicht wie­der nach oben.

Müde und von tro­pi­scher Schwüle ermat­tet, teile ich mir ein Taxi mit eini­gen Locals in die Stadt. Ich will nur noch schla­fen, irgendwo hin, wo ich meine Ruhe habe. Selbst der vor­her noch quä­lende Hun­ger ist mir jetzt egal.

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Die letz­ten 100 Meter gehe ich zu Fuß. Die Ruck­sack­rie­men scheu­ern auf mei­nem schweiß- und son­nen­creme­ge­tränk­ten Shirt und ich mir fällt zu spät ein, dass ich in Hon­du­ras nach Ein­bruch der Däm­me­rung nicht mehr auf der Straße her­um­lau­fen sollte. So mei­ner Kon­zen­tra­tion beraubt, stol­pere ich über ein Schlag­loch und habe Mühe, mei­nem Unmut nicht mit wild umher­fuch­teln­den Armen Aus­druck zu verleihen.

Ein Wach­mann vor einem nahen Geschäft betrach­tet mich gelang­weilt durch die dunk­len Glä­ser sei­ner Son­nen­brille. Ich bli­cke zurück und nicke ihm, unter Auf­bie­tung aller mei­ner ver­blie­be­nen Freund­lich­keit, zu. Er erwi­dert meine Geste und hebt wie zum Gruß den Kara­bi­ner, den er so wenig pro­fes­sio­nell in sei­ner Rech­ten hält. Sofort fühle ich mich siche­rer und beiße mir auf Lip­pen, um nicht dem inne­ren Drang nach sar­kas­ti­schen Kom­men­ta­ren nachzugeben.

Das bil­ligste, her­un­ter­ge­kom­mene Hotel ist wie üblich mei­nes. Mein Zim­mer ist typi­scher­weise ein hei­ßes, sti­cki­ges Loch, ohne Fens­ter oder Ven­ti­la­tor und ich zer­quet­sche eine große Kaker­lake, als ich den schwe­ren Ruck­sack auf ihr absetzen.….„Nimm das!“.

Sofort ebbt der Drang zu töten wie­der ab.

Der letzte Haken ist der Preis. 20 unchrist­li­che Dol­lar soll die Zelle kos­ten, pro Nacht! Das gibt mein Bud­get nicht her. Wäre jetzt der rich­tige Augen­blick für Tränen ?

Ver­zwei­felt flirte ich ein biss­chen mit der hüb­schen Toch­ter der Besit­ze­rin. Wohl aus Mit­leid für meine abge­ris­sene Gestalt, gewährt sie mir einen hohen Rabatt.

„Was zum Teu­fel mache ich hier?“ geht es mir durch den Kopf, als ich kurz dar­auf in dem schmie­ri­gen Bett mei­ner „17 Meter im Kubik“ wenig erhol­sam vor mich hin­däm­mere. Die Duschen funk­tio­nie­ren nicht, auch nicht die Toi­lette, die ich mir ohne­hin mit etwa 20 Hon­du­ra­ni­schen Gäs­ten tei­len müsste…mir bleibt nur zu schwit­zen und die Was­ser­fla­schen, die ich eben noch leer­ge­trun­ken habe, wie­der aufzufüllen.…irgendwann mache ich mei­nem Elend ein Ende, werfe zwei Valium ein und falle end­lich in einen tie­fen, traum­lo­sen Schlaf.

Rück­bli­ckend war das alles natür­lich am nächs­ten Tag wie­der ver­ges­sen und ich hatte eine schöne Zeit in Hon­du­ras. Darum hier ein paar ver­söhn­li­che Bil­der aus die­sem schö­nen Land:

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Cate­go­riesHon­du­ras Welt
Till Schönherr

Ist weit gereist aber heute im Hauptberuf Vater zweier Söhne, im Nebenberuf Arzt. Reist immer noch gerne und so oft wie möglich und dank seiner toleranten Frau auch regelmäßig noch alleine.Photographie ist sein Hobby.

  1. Sven says:

    Super Bericht, etwas Nost­al­gie kam schon auf (meine Freun­din kommt aus Hon­du­ras, wir leben in Chile). Mein ers­ter Auf­ent­halt war etwas weni­ger chao­tisch, da wir mit ihrer Fami­lie unter­wegs waren. Aber die Poli­zis­ten, und andere Sicher­heits­leute mit Maschi­nen­ge­weh­ren, vor Tank­stel­len, und Ban­ken, waren den­noch etwas scho­ckie­rend. Copan Rui­nas und Roa­tan ein­fach ein Traum …

  2. puriy says:

    ;-) Da wer­den Erin­ne­run­gen wach – bei mir von mei­ner ers­ten Nacht in Tegu­ci­galpa. Am Ende war auch meine Reise durch das Land sehr schön. Werde in 2 Wochen wie­der dort sein. LG, Madlen

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