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Freunde finden auf Reisen: Der Sag-Ja-Trick

Es gibt einen ganz wich­ti­gen Unter­schied zwi­schen Rei­sen und All­tag. Auf Rei­sen ist man eher bereit, ver­rückte Sachen zu machen. In einem Wei­ter­bil­dungs-Semi­nar, zu dem mich mein Team­lei­ter Marek mal geschickt hat, sprach der Dozent von der inne­ren roten Linie, die es zu über­schrei­ten gilt. „Dahin­ter beginnt der Spaß,“ sagte er pro­phe­tisch. Ich muss ja zuge­ben, dass ich nor­ma­ler­weise eher etwas reser­viert gegen­über die­sen ver­rück­ten Sachen bin. Ein Team­a­bend in der Karaōke-Bar, auf der Go-Kart-Bahn, in einer Com­pu­ter­spiele-Hölle. Hach … wenn’s sein denn muss. Im Nach­hin­ein sind sol­che Erfah­run­gen ja dann doch irgend­wie wit­zig. Als Allein-Rei­sen­der ist der Sag-Ja-Trick, der wich­tigste Trick damit aus Face­book-Bekannt­schaf­ten Freunde werden.

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Wie das geht?

Die Aus­füh­rung ist denk­bar ein­fach. Eine Frage, die etwas unge­wöhn­lich erscheint, ein­fach mit einem kur­zen ‚Ja‘ beant­wor­ten. Auf Spa­nisch ‚Si‘. Im Spa­ni­schen gibt es für sol­che Fälle noch eine beson­dere Aus­spra­che-Varia­tion, die ich von Miguel gelernt habe. Statt ‚Si‘ ant­wor­tet man mit einem etwas bedäch­ti­ge­ren ‚Sü‘, was das ‚Ja‘ mit einer Brise ‚Jein‘ ver­setzt, aber immer noch ‚Ja‘ bedeutet.

Bei­spiele
Niko aus Argen­ti­nien: Ich hätte total Lust hier in Argen­ti­nien mal Downhill-Biking aus­zu­pro­bie­ren. Hät­test Du auch Lust?
Ich (wenige Stun­den vor mei­ner Arm­prel­lung): Ja

Yeis­son aus LaBarra, Kolum­bien: Dort im Spiel­haus kön­nen wir FIFA Soc­cer (Com­pu­ter­spiel) zocken.
Ich: Sü

Eine nicht benannte weib­li­che Per­son aus Kolum­bien: „Es kom­men gleich ein paar Freun­din­nen in meine Woh­nung. Wir haben eine Frau ein­ge­la­den, die uns ein paar Spiel­sa­chen für erwach­sene Frauen prä­sen­tiert. Du kannst auch dabei blei­ben. Wir bestel­len Pizza.“
Ich: Sü

20140124-224143.jpgin Mindo, Ecua­dor

Ich habe gerade die bei­den Fran­zö­sin­nen Aman­dine und Aman­dine ken­nen­ge­lernt (ja, sie hei­ßen beide gleich) und wir lau­fen etwas des­ori­en­tiert durch das kleine Städt­chen Mindo, als plötz­lich ein Jeep mit quiet­schen­den Rei­fen neben uns stoppt. „Gre­gório“ schreit eine Stimme fröh­lich vom Rück­sitz des Jeeps. Es ist die fröh­li­che Vene­zo­la­ne­rin Rebeca, die ich in Quito ken­nen­ge­lernt habe. Eigent­lich hat­ten wir geplant zusam­men nach Mindo zu fah­ren, aber dann kam bei mir was dazwi­schen und ich dachte, dass sie schon wie­der wei­ter­ge­reist wäre. „In drei Stun­den nehme ich den Bus zurück,“ sagt sie. Sie fliegt mor­gen wie­der Rich­tung Hei­mat. „Was hast Du in Mindo so alles gemacht?“ Sie erzählt vom Frosch­kon­zert, der Schmet­ter­lings­farm, vom Raf­ting. „Hast du Can­yo­ning gemacht?“ Unser gemein­sa­mer Bekann­ter Frank­lin hatte diese neue Fun­sport­art emp­foh­len. Jetzt bekommt ihre schil­lernde Fröh­lich­keit einen kur­zen trau­ri­gen Schim­mer. „Ich wollte so gern. Aber man muss min­des­tens zu zweit sein.“ Sie schaut mich mit ihren gro­ßen dunk­len Kul­ler­au­gen an. „Hast Du viel­leicht Lust drauf?“ (kurze Denk­pause) „Sü“. Ihre Fröh­lich­keit kennt kein Hal­ten mehr.

eine Stunde spä­ter am Wasserfall,
Can­yo­ning, in gewis­sen Regio­nen auch als ‚Absei­ling‘ bekannt, bezeich­net eine Fun­sport­art, bei der man sich wie ein Klet­te­rer an einem Berg­hang abseilt. Mit der Beson­der­heit, dass über einem, ein tosen­der Was­ser­fall pras­selt. Unser Guide hat soeben den Was­ser­fall ange­schal­tet. In der Tro­cken­zeit wird das Was­ser gestaut. Für Tou­ris­ten wird es kurz ent­staut. Unser Guide gibt Sicher­heits­hin­weise und ich hätte gerade ein bes­se­res Gefühl, wenn ich das ganze Fach­vo­ka­bu­lar ver­ste­hen würde. Ein Stück des Weges kann man sich mit den Füßen vom Stein absto­ßen. Dann kommt die Stelle, wo das Was­ser fällt und man an dem Seil in der Luft bau­melt. Rebeca geht als Ers­tes. Ich danach. Wir machen es beide nicht so ganz rich­tig. Zwi­schen­durch hän­gen wir wie nasse Pudel an der Leine. Über uns pras­selt mit Hoch­druck eis­kal­tes Quell­was­ser. Der Guide macht von oben lus­tige Ver­ren­kun­gen und ver­sucht uns so zu hel­fen. Irgend­wie geht es dann doch. Mir gelingt es sogar Rebeca zu über­ho­len, so dass ich von unten Fotos machen kann. Fröh­li­che Fotos, die sie spä­ter noch stolz ihren Freun­din­nen zei­gen kann. Dar­un­ter auch eins von zwei Bekann­ten, die so eben zu Freun­den gewor­den sind.

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Was hat es mir gebracht?

 

  1. Eine neue Freun­din, die ich in Venuz­ela besu­chen kann. (Natür­lich erst, wenn es dort auch für Gring­o­rios, wie mich, sicher ist)
  2. Eine sehr schöne Unter­kunft, die der Jeep­fah­rer von Rebeca mir und den bei­den Aman­di­nes empfiehlt
  3. Nach Can­yo­ning jede Menge Lust auch noch Cano­py­ing aus­zu­pro­bie­ren. Beim Cano­py­ing sind Stahl­seile über tiefe Schluch­ten gespannt. Befes­tigt am Seil glei­tet man von einem Berg­hang zum ande­ren. (lei­der haben mir die bei­den Aman­di­nes noch nicht die lus­ti­gen Videos von mir als flie­gen­dem Super­mann geschickt.)
  4. Lei­der noch nie­man­den, der mich auf die Gala­pa­gos-Inseln beglei­ten will.

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Cate­go­riesEcua­dor
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  3. Luisa says:

    Kann auch schief gehen, wie der Film „Der Ja-Sager“ gezeigt hat :D
    Aber gene­rell ein tol­ler Ansatz und sicher eine gute Idee, um neue Freunde zu finden :)

    1. Mir fällt fol­gen­des Zitat ein: „Eine Tra­gö­die, die gut aus­geht, ist ein Aben­teuer.“ Jetzt muss man halt bloß noch ent­schei­den, zu wel­chen Aben­teu­ern man „Ja“ und zu wel­chen man „Nein“ sagt ;).

  4. MAxi says:

    Na dann mach das aber nicht, wenn du in China in ein Tee­haus ein­ge­la­den wirst, oder zu einer Kunst­aus­stel­lung – es sei denn, du willst viieeel Geld loswerden …

    Aber gene­rell hört sich das jasa­gen nach einem guten Plan an

    1. Ja, das gute alte „Nein“ hat schon auch seine Daseins­be­rech­ti­gung. „Ja“ ist eine brauch­bare Alter­na­tive, für eine Brise Aben­teuer und zum Leute kennenlernen.

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