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Dubai – dem Him­mel so nah

Zum Rama­dan nach Dubai. In der Abflug­halle, am Frank­fur­ter Flug­ha­fen, erscheint vor mei­nem geis­ti­gen Auge eine künst­lich ange­legte Halb­in­sel in Form einer Palme, die in den Per­si­schen Golf ragt und mehr als ein dut­zend Hotels beher­bergt. Auch unsere Pres­se­gruppe soll dort unter­ge­bracht sein.

Dem Schweiß der Arbei­ter Tri­but zah­lend, sollte jede Flug­li­nie eine Ehren­runde über diese Land­zunge dre­hen, denke ich mir noch beim Lan­de­an­flug. Statt des­sen erschwert die fort­ge­schrit­tene Abend­däm­me­rung und Luft­feuchte unter den Stahl­schwin­gen der Emi­rate Maschine, den Blick auf die 2 Mil­lio­nen Stadt und so bleibt Dubai bis auf Wei­te­res nur ein mit Kies im per­si­schen Golf auf­ge­schüt­te­tes Pal­men­blatt, und das Ver­spre­chen des ewi­gen Som­mers. – Wie vor jeder Reise begehe ich den Feh­ler und male mir zu vie­les aus: die Men­schen, das Essen vor Ort, den Bier­preis in dafür vor­ge­se­he­nen Loka­li­tä­ten. Den­noch macht diese Vor­freude ja einen Groß­teil des Rei­sens aus, die Abreise kann somit künst­lich um meh­rere Wochen vor­ver­legt wer­den. Wenn man so will, habe ich das Land schon unzäh­lige male durchkreuzt. -

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Ich bin gespannt, ob sich bei mir ein ganz beson­de­res Rei­se­er­leb­nis ein­stellt, wenn ich mit geschärf­ten Sin­nen bar­fuß über den auf­ge­schüt­te­ten Strand der Pal­men­halb­in­sel laufe und mich unbe­merkt son­nen­ver­brenne. Ich bezwei­fel es und sehe mich viel mehr in einem Duell mit der Luft­tem­pe­ra­tur, die sich von der des Gol­fes nur unwe­sent­lich unter­schei­den soll. Hätte Gott am ach­ten Tag nicht die Kli­ma­an­lage erschaf­fen, die­ser Land­strich wäre wohl unbe­wohn­bar gewe­sen und die Inves­ti­tio­nen ein für alle­mal in den Sand gesetzt.

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Spä­ter wird klar, die Men­schen kom­men ent­we­der zum Ein­kau­fen hier her oder genie­ßen die Vor­züge einer kon­stan­ten Kli­ma­zone und das bei einer hohen Dichte an renom­mier­ten Ster­ne­ho­tels. Das Bier, in dafür vor­ge­se­he­nen Loka­li­tä­ten, schmeckt, wie über­all auf der Welt, gleich. Das kann ich also schon mal von mei­ner geis­ti­gen Liste streichen.

Die Wet­ter­vor­her­sage auf dem Smart­phone ist eine Wie­der­ho­lung der Wie­der­ho­lung. Der TV-Wet­ter­mann hat den schöns­ten oder lang­wei­ligs­ten Job der Welt, wie man es sieht. Um das ganze abwechs­lungs­rei­cher zu gestal­ten, sollte er sich jeden Tag ver­klei­den, oder auf einem Kamel ins Stu­dio ein­rei­ten, um die Gunst und Auf­merk­sam­keit der Zuschauer zu erhal­ten. Unter­schei­den die Ein­hei­mi­schen zwi­schen 35 und sagen wir 45 Grad, oder sind sie groß­zü­gig und dekla­rie­ren alles nur als „warm“? Meine Gedan­ken ver­selb­stän­di­gen sich und sind nach die­ser Tages­reise alles andere als genial.

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Ange­kom­men am Flug­ha­fen geht es durch die Sicher­heits­kon­trolle, die hier nach ame­ri­ka­ni­schem Vor­bild mit einem Fin­ger­scan und Foto fließ­band­ar­tig durch­ge­führt wird. Die Män­ner hin­ter den Glas­schei­ben tra­gen ein­heit­lich die Disch­da­scha, ein lan­ges Über­ge­wand in wei­ßer Farbe. Auf dem Kopf die Kufiya, in den Golf­staa­ten als Ghu­tra geläu­fig. Ein wei­ßes Tuch, das mit der Agaal, zwei schwarz far­be­nen Rin­gen, befes­tigt wird.

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In der Ankunfts­halle emp­fängt mich der aus Paki­stan stam­mende Fah­rer, der die anschlie­ßende, ein­stün­dige Fahrt über die ame­ri­ka­nisch anmu­ten­den High­ways mit wis­sens­wer­ten Details füllt. Mit dem Fas­ten hat er vor weni­gen Stun­den gebro­chen, was sicher­lich zu sei­ner Red­se­lig­keit bei­trägt. Eigent­lich redet nur er. Ich sitze mit den Kol­le­gen auf der Rück­sitz­bank und bestaune mit offe­nem und sicher­lich lee­rem Gesichts­aus­druck das Neue. So erfährt die müde Pres­se­gruppe, dass die Tank­stel­len oft nur mit Bedie­nungs­ser­vice arbei­ten. Auf Grund der hohen Tem­pe­ra­tu­ren möchte man es ver­mei­den, dass die Kun­den ihr Auto ver­las­sen. Gewal­tige Beton­pfei­ler, direkt neben dem High­way, len­ken den Blick nach oben, wo wir die Trasse für die Dubai Metro erken­nen. 2009 fer­tig gestellt und fah­rer­los ver­bin­det sie neue und ältere Teile der Stadt, die sich ent­lang des Gol­fes immer wei­ter ausbreitet.

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Par­al­lel zu den Aus­füh­run­gen unse­res Fah­rers, wächst Dubai in mei­nem Kopf über die anfäng­li­che Kopf­ge­burt der Palme hin­aus. Die vie­len Lich­ter der Sky­line neh­men Form an. Unter ande­rem kann ich den Schat­ten das Burj Kha­lifa ent­de­cken. Wie ein über­di­men­sio­na­ler Sta­lag­mit wächst das welt­höchste Gebäude 828 meter in den Nacht­him­mel. Got­tes Zahn­sto­cher, wenn man so will, oder die späte Voll­endung des Turm­baus zu Babel. Wäre es nicht kul­tu­rell sank­tio­niert, würde ich mich beim anste­hen­den Besuch des Wol­ken­krat­zers mit dem lie­ben Herr­gott gern auf ein Bier über den über­bor­den­den mensch­li­chen Eifer unter­hal­ten. Ist Dubai Ver­feh­lungs­ge­schichte oder mensch­li­che Ver­hei­ßung? Die nächs­ten zwei Tage wer­den dar­über Auf­schluss geben.

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Cate­go­riesDubai
Philipp Boos

Widergeboren in Mitteleuropa. In einem anderen Leben als Lastenträger für Alexander von Humboldt gedient, was die Affinität zu Süd Amerika erklärt. Nach einem doppelten Espresso öffnet sich bei Philipp zeitverzögert das dritte Auge, womit er die Welt bereist und in Depeschen festhält.

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